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Schraubensicherungen für Verbindungselemente

Schrauben verbinden, halten und sichern dadurch Bauteile. Das ist gängiger Konsens.

Das aber auch Schrauben selber gesichert werden müssen, ist weniger trivial. Schrauben zu sichern ist jedoch von hoher Bedeutung, wenn es darum geht die Leistungsfähigkeit von Schraubverbindungen möglichst lange aufrechtzuerhalten. Wenn Schrauben in ihrer sichernden Wirkung einbüßen, ist dies auf ein Verlust der Klemmkraft bzw. der Vorspannkraft zurückzuführen. Als Vorspannkraft wird die Spannung bezeichnet, die durch das erste Anziehen der Schraube in den Schraubuntergrund entsteht. Bereits kurz nach der Anbringung und schließlich aufgrund anschließender dynamischer und statischer Belastungen lässt die Vorspannkraft allmählich nach. Es kommt zu einem Lockern, gefolgt von einem Losdrehen der Schraube, woraufhin die Schraubverbindung auseinanderfällt bzw. verloren geht.  Schraubensicherungen sollen diese Vorgänge aufhalten bzw. verlangsamen. Entsprechend dem eben skizzierten Prozess findet sich eine Kategorisierung der Schraubensicherungen in Sichern gegen Lockern, Sichern gegen Losdrehen und Sichern gegen Verlieren. Eine trennscharfe Zuordnung der verschiedenen Sicherungstypen, wie sie die genannten Begriffe suggerieren, ist jedoch nicht möglich. Vielmehr sind Mehrfachzuordnungen möglich. So kann beispielsweise grob gesagt werden, dass jede Losdrehsicherung zugleich auch eine Verliersicherung darstellt.

In den anschließenden Kapiteln erfolgt eine Einführung in die Funktionsweisen der übergeordneten eben genannten Sicherungskategorien  Sichern gegen Lockern, Sichern gegen Losdrehen und Sichern gegen Verlieren.

Besonders erfolgversprechend stell es dar, nicht nur einen Typ an Schraubensicherungen, sondern mehrere Schraubensicherungen in die Verbindungskonstruktion einzubauen. Solche Kombinationssicherungen erhalten das Verbindungsteil möglichst lange leistungsfähig.

Abschließend sei festgehalten, dass mittlerweile eine Vielzahl unterschiedlicher Schraubensicherungen existieren. Der Anspruch der folgenden Darstellung ist es nicht, einen vollumfänglichen Überblick der verschiedenen Schraubensicherungen zu verschaffen, sondern einen Einstieg in die Problematik zu geben und Lösungsansätze vorzustellen.

Schrauben gegen Lockern – Setzsicherungen 

 

Dem Lockern einer Schraube gehen spezielle Mechanismen voraus – insbesondere sogenannte Setzerscheinungen und Kriecheffekte. Setzen bzw. Setzerscheinungen treten dann auf, wenn die Schraube statisch belastet wird, wodurch eine plastische Verformung bzw. Längenänderung der Schraube und der verspannten Teile aufkommt. Setzerscheinungen treten nahezu ausnahmslos auf, wenn eine Schraube angezogen wird. Ausgelöst wird die Verformung dabei während und kurz nach dem Anziehen, denn bei diesem Prozess wird die Oberflächenrauigkeit – sowohl, die der Schraube als auch die des restlichen Verbindungsteile – stück weit geebnet bzw. planiert. Die Folge dieser Glättung ist eine Reduzierung des Reibverschlusses. Die Differenz zwischen der theoretisch beim Anziehen erzielten Vorspannkraft und der in der Praxis zu messenden Klemmwirkung aufgrund der Reduzierung des Reibverschlusses wird als Setzkraftverlust bezeichnet. Setzerscheinungen beeinflussen die Haltekraft wesentlich: Im Schnitt reduziert sich die Vorspannkraft der Schraube um 20%. Je geringer die tatsächliche Klemmkraft ausfällt, desto eher wird ein Lockern der Schraube begünstigt. Das Gefährliche daran: Ein Lockern der Schraube bzw. der vorherige Klemmkraftverlust ist nicht optisch feststellbar, da keine Relativbewegungen zwischen Schraube und Schraubuntergrund zu sehen sind. Erst wenn die Schraube in Folge von äußeren Kräften, etwa weiterer statischer Belastungen oder Vibrationen, ausgelastet ist, kommt es zu einem Lösen der Schraube – ein Eingreifen ist dann jedoch zu spät. Durch verschiedene Maßnahmen kann versucht werden, den Effekt von Setzerscheinungen zu kompensieren und die Restklemmkraft möglichst zu erhöhen. Zu diesen Maßnahmen zählen:

  • Höhere Klemmlänge,
  • Geringe Anzahl an Trennfugen,
  • Fester Werkstoff, da so die Oberfläche widerstandsfähiger ist und Rauigkeit erhalten bleibt oder auch

 

  • Setzsicherungen:

 

Sie werden vorm Anziehen der Schraube angebracht und sorgen dafür, dass die Schraube elastischer ist. Durch die gesteigerte Elastizität wird der Effekt der Setzerscheinungen, also die Oberflächenplanierung, minimiert und die Vorspannkraft bleibt möglichst unverändert erhalten.

  • Beispiele einiger Setzsicherungen
      • Federscheiben
      • Zahnscheiben
      • Tellerfedern mit hoher Steifigkeit
      • Spannscheiben
      • Dehnhülsen
      • Speziell geformter Kopf der Schraube

 

Bei den oben genannten Sicherungen gilt es jedoch zu beachten, dass diese nur für statische Belastungsfälle geeignet sind – nicht hingegen bei Vibrationsbewegungen! Aufgrund dessen werden solche Sicherungen nicht verwendet, bei denen die Schrauben Vibrationsbewegungen ausgesetzt sind und auch nicht bei Festigkeitsklassen, die höher als die Stufe 8.8 ausfallen. Somit finden sich Setzsicherungen nicht in sicherheitsrelevanten Verbindungen!

Anmerkung:

Setzsicherungen helfen auch – mit Verweis auf die Leistbarkeitsgrenzen – gegen Kriecherscheinungen. Kriecherscheinungen treten ebenfalls auf, wenn die Schraube beim Anziehen oder auch nachträglich statischen Belastungen ausgesetzt ist. Sie entstehen insbesondere dann, wenn die Schraube in einen weichen Untergrund verschraubt wird

oder dessen Fließgrenze überschritten wird und folglich die äußere Krafteinwirkung, darunter das Anziehen der Schraube, zu Versetzungen bzw. einem Eindrücken des Materials führt. Dabei gilt: Je länger die äußere Kraft auf das Material einwirkt, desto mehr wird es versetzt. Auch durch axiale Belastungen nach dem Anziehen können Kriecheffekte auftreten. Da sich Kriecheffekte auch nach dem Anziehen entwickeln können und von der Dauer der Krafteinwirkung abhängig sind, handelt es sich – entgegen den Setzerscheinungen – um eine zeitabhängige Einflussgröße.

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Dies ist eine Bildunterschrift

Schrauben gegen Losdrehen – Losdrehsicherungen

Wie im Abschnitt Sichern gegen Setzen bereits erläutert, ist beim Anziehen fast ausnahmslos eine Differenz, der sogenannte Setzkraftverlust, zwischen der Montagevorspannkraft und der am Ende feststellbaren Vorspannkraft zu beobachten. Auch wenn Setzsicherungen diesen Setzkraftverlust gering halten können, so kommt es dennoch durch äußere Krafteinwirkungen während der Beanspruchung einer Schraube zu einem kontinuierlichen Verlust der Vorspannkraft. Dies führt zu einem allmählichen Lockern und letztlich zu einem selbstständigen Lösen der Schraube. In Schraubverbindungen, bei denen hohe Sicherheitsanforderungen gelten, das Risiko von Sachbeschädigungen minimiert werden soll oder das Lösen von Schrauben bei Bauteilen ein Gefahrenpotential für Menschen darstellt, müssen somit zusätzliche Sicherungen Anwendung finden, die ein Lösen der Verbindung verhindern. Solche Sicherungen werden Losdrehsicherungen genannt. Ziel solch aller Sicherungen besteht darin, die Vorspannkraft zu erhalten, die sich nach dem Anziehen abzüglich des Setzkraftverlusts, in der Schraube befindet.  Denn durch den Erhalt einer hohen Vorspannkraft, wird dem selbstständigen Lösen der Schraube Einhalt geboten. Es existieren eine Vielzahl verschiedener Losdrehsicherungen, die wiederum in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, darunter:

  • Formschlüssige Losdrehsicherungen


Ziel vom formschlüssigen Sicherungen ist es, Relativbewegungen der Schraube und der im Umfeld befindlichen Teile zu verhindern – und das sowohl bei axialer als auch dynamischer Kraftbelastung wie etwa Vibrationen. Um dies zu erreichen, wird ein Formschluss durch zusätzliche Zähne auf der Auflagefläche erzielt. Diese arbeiten sich in die Oberfläche ein, was zu einem erhöhten Reibverschluss führt. Zu den formschlüssigen Sicherungen gehören unter anderem

      • Sicherungsscheiben (mit und ohne Rippen),
      • Keilsicherungsscheibenpaar,
      • Sperrzahnschraube,
      • Sperrkantringe und

 

Wichtig bei all diesen Sicherungen ist, dass das verwendete Material der Sicherungen härter sein muss als die der zu verbindenden Konstruktionsteile. Denn nur so kann sich in die Oberfläche eingearbeitet werden.

 

  • Klebende Losdrehsicherung (DIN 267-27)

 

Es gibt eine Vielzahl klebender Sicherungen, die – inklusive der jeweiligen Anforderungen – genau in der Norm DIN 267-27 klassifiziert werden. Das Grundprinzip all dieser Varianten ist es, dass zwischen Innen- und Außengewinde bzw. bei Gewindefurchenden Schrauben zwischen Außengewinde und eingeführtem Untergrund ein Klebstoff eingearbeitet wird, der nach dem Aushärten das Losdrehen verhindert. Entweder wird dabei der Kleber als solches vor dem Anziehen auf die Schraube aufgetragen oder er befindet sich mikroverkapselt in der Beschichtung. Während des Schraubens kommt es dabei zum Aufbrechen der Kapseln und der Klebstoff härtet meist binnen weniger Stunden aus.  Durch die Verwendung klebender Losdrehsicherungen wird zusätzlich zum Verhindern des selbstständigen Lösens die Schraubverbindung gegen Feuchtigkeit, Flüssigkeit und Gasen abgedichtet. Je nach Verwendung, Beanspruchung bzw. Umfeld kann dies zusätzlich von hohem Mehrwert sein.

 

  • Begrenzung der Querverschiebung durch weitere Verbindungs- und Fixierteile

 

Durch die Nutzung weiterer Verbindungsteile, etwa Stifte oder Passschrauben, kann der Bewegungsfreiraum in axiale Richtungen während der Beanspruchung der Schraubverbindung eingeschränkt und infolge ein Losdrehen verhindert werden.

 

  • Sicherung durch Erhöhung der Vorspannkraft

 

Bei dieser Kategorie handelt es sich nicht um eine Sicherung im engeren Sinne, da hier Nichts zusätzlich zur eigentlichen Schraubenverbindung sichert. Gemäß dem simplen Prinzip, dass eine Erhöhung der Montagevorspannkraft zwar relativ zum selben Vorspannkraftverlust von etwa 20%, absolut betrachtet aber zu einer höher verbleibenden Vorspannkraft führt, kann folglich das Losdrehen durch ein festeres Anziehen verhindert oder zumindest hinausgezögert werden. Diese Methode stellt aber keine Alternative dar bei sicherheitsrelevanten Verbindungen. 

 

Anmerkung:

Die Wahl der jeweils verwendeten Sicherung ist abhängig vom verwendeten Schraubenwerkstoff, der erzielbaren Vorspannkraft und den konkreten Belastungen, die das Verbindungsteil ausgesetzt sein wird. Zur Ermittlung – insbesondere bei sicherheitsrelevanten Teilen – bedarf es einer ausführlichen Analyse.

 

 

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Dies ist eine Bildunterschrift

Schrauben gegen Verlieren – Verliersicherungen

Entgegen Losdrehsicherungen verhindern Verliersicherungen nicht, dass ein Verlust der Vorspannkraft eintritt und auch nicht, dass sich die Schraube mit der Zeit lösen kann bzw. sich von selbst losdreht. Vielmehr soll lediglich verhindert werden, dass die Verbindung auseinanderfällt – dass sie am Ende im Zweifel nur locker zusammengehalten wird, wird dabei in Kauf genommen. Es versteht sich von allein, dass sogenannte Verliersicherungen nicht in sicherheitsrelevanten Verbindungen, bei der ein Lösen der Verbindung ein Risiko der Sachbeschädigung oder gar ein Risiko für die Gesundheit des Menschen darstellt, zum Einsatz kommt. Vielmehr findet sich der Einsatz von Verliersicherungen dort, bei der ein Lösen der Schraube in Kauf genommen und mittels geringem Einsatz wieder angezogen werden kann. Oftmals werden zum Einsatz zusätzliche Elemente mit einer Klemmwirkung in die Verbindung mit eingebaut, die die Selbsthemmung der Schraube erhöhen.

Beispiele für Verliersicherungen sind:

      • Mutter/Kontermutter
      • Schrauben mit Klemmteilen, bspw:
        • Screw Flip
        • Halsschraube in konischer Scheibe
        • Halsschraube in Buchse
      • Fadensicherung
      • Kunststoffbeschichtete Schrauben

Eine recht einfache, aber dennoch effektive Methode stellt es dar, Gewindeende zu verformen, insofern diese aus der Konstruktion rauszeigen.

Anmerkung:

Auch gewindefurchende Schrauben, also solche, die sich ihr Außengewinde selber schneiden, wenn sie in den Untergrund gedreht werden, zählen zu den Verliersicherungen. Dies liegt darin begründet, dass das so entstehende Außengewinde nur einen geringen Bewegungsfreiraum der Schraube zulässt, ein Losdrehen aus der Konstruktion aber aufgrund von u.a. Setzerscheinungen nicht verhindert werden kann.

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